Auftragsstornierungen

Kostenfreie Stornierung „kurz“ nach Auftragserteilung ?

Ein häufig gestellte Frage ist die Möglichkeit der kostenfreien Stornierung eines Brillenauftrages und hierbei insbesondere der Brillengläser.

„Ich war nur ein paar Minuten aus dem Geschäft raus (oder: Gestern Abend bestellt, morgens direkt angerufen !), da habe ich mir das nochmal überlegt, aber der Optiker meinte dann: Ist nicht mehr möglich ! Das kann doch gar nicht sein, immerhin sollte die Anfertigung mehrere Tage dauern !“

 

Doch. Das ist möglich. Hierzu darf ich Ihnen zunächst die produktionstechnische Seite -für den Laien verständlich abgefasst- erklären:

• Brillengläser sind oftmals Sonderanfertigungen.

 

• Die Vielfalt aller Möglichkeiten gehen in die Hunderte von Millionen. Somit kann nicht jedes Brillenglas in der besprochenen bzw. gewünschten Ausführung für Sie auf Lager liegen.

 

• Wird seitens eines Augenoptikers die Bestellung -telefonisch oder elektronisch- übermittelt, beginnen bei hochtechnisierten Firmen i.d.R. die Computer zunächst mit der Berechnung zur Anfertigung, aber in Sekundenschnelle. Abläufe bzw. „Fertigungstrassen“ werden auf diese Daten programmiert und optimiert, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

 

• Die Produktion beginnt schon mit der Berechnung.

 

• Wenn jetzt „nach ein paar Minuten“ der Auftrag storniert oder auch nur abgeändert werden soll, so müssten alle Computer und Vorberechnungen, ferner alle „gebuchten“ Fertigungsstellen für diesen Auftrag wieder gelöscht werden. Theoretisch kein Problem, aber in der Zwischenzeit kommen ja ´zig weitere Aufträge von anderen Optikern hinzu....

 

• Somit müsste alles angehalten werden, der eine/die betreffenden Datensätze gelöscht und alle nachfolgenden Aufträge an eine Stelle weiter vorne umprogrammiert werden.

 

• In dieser Zwischenzeit treffen aber auch schon immer weitere Aufträge ein. Folglich muss man nunmehr alle (!) Aufträge „umprogrammieren“.

 

• In der Praxis bedeutet dieses einen erheblich höheren Kostenaufwand im Vergleich dazu, die bestellten Gläser einfach „durchlaufen“ zu lassen. Auch könnte der geneigten Leser dieser Zeilen dazu Verständnis zeigen, dass die Industrie ungerne Aufträge verliert...

 

• Bei einigen Firmen lassen sich die bestellten Gläser an diversen Stellen entnehmen, sodass in diesem Falle nur die bis dahin angefallenen Kosten in Rechnung gestellt werden. Nur: Was wollen Sie mit einem halbfertigen Brillenglas ?

 

• Nicht ungewöhnlich ist die fachlich und sachliche Erkenntnis, dass hier schon mindestens 2/3 der Gesamtkosten anfallen sind...

 

Originaltext eines Brillenglasherstellers:

"Unmittelbar nachdem eine Bestellung eingeht, wird mit der Fertigung begonnen. In der Regel geschieht dieses innerhalb 30 Minuten nach Auftragserteilung. Sofern noch nicht mit der Fertigung begonnen wurde, kann dieser Auftrag kostenfrei storniert werden. Ist der Fertigungsprozess allerdings angelaufen, ist ein kostenfreies stornieren nicht mehr möglich. Die Höhe der Kosten richtet sich nach dem Fertigungsstand."

 

Fazit:

„Zeitnah“ nach Auftragserteilung ist eine kostenfreie Stornierung von Brillengläsern bei Sonderanfertigungen i.d.R. nicht mehr möglich.

Produktionstechnisch bedingt stellt die fertigende Industrie Ihr Brillenglas so schnell wie möglich her. Bereits Minuten nach Übermittlung wird mit der Produktion begonnen. Letztendlich ist dieses auch im Sinne des Kunden, denn wer möchte schon unnötig lange auf seine Brillengläser warten ?

 

Das Paradebeispiel zum Schluß:

Ein Kunde ließ sich von mir über die Art und Ausführung seiner Brillengläser beraten. Er kam zu der Schlußfolgerung, daß die für ihn ermittelte und empfohlene Ausführung in Kunststoff mit Hartschicht und Vollentspiegelung am besten geeignet ist.

Allein aus Kostengründen wolle er auf die empfohlene Härtung verzichten. Er bestätigte den Auftrag und verließ frohgemut das Geschäft.

27 Minuten später traf er wieder ein. "Ich habe mir das nochmal überlegt, ich möchte doch die Hartschicht mitbestellen."

 

Zum zeitlichen Ablauf:

T -5,00  Min. / 12.53 Uhr: Auftragsbestätigung

T -3,00  Min. / 12.55 Uhr: Kunde verlässt das Geschäft

T -2,00  Min. / 12.56 Uhr: Dateneingabe der Brillengläser

T ±0,00 Min. / 12.58 Uhr: Bestellung per Datenfernübertragung

T +23,0 Min. / 13.21 Uhr: Deadline (sh. u.)

T +24,0 Min. / 13.22 Uhr: Kunde betritt erneut das Geschäft

T +25,0 Min. / 13.23 Uhr: Änderungswunschmitteilung

T +26,0 Min. / 13.24 Uhr: Telefonat mit der Bestellannahme "Bitte mit Hartschicht !"

T +29,0 Min. / 13.27 Uhr: Rückruf der Produktion: Um 13.21 Uhr wurden die (lagermäßig vorhandenen !) Grundlinsen in die Entspiegelungsanlage geschickt. Der Prozess hat bereits begonnen, die Hartschicht hätte aber vorher aufgebracht werden müssen !"

 

Schlussfolgerung:

• Auch wenn der Hersteller "ein paar Euro" mehr hätte verdienen können, so war in diesem Falle aus fertigungstechnischen Gründen selbst ein höherwertiger Auftrag nicht mehr sofortig zu realisieren.

 

• Im Sinne des Verbrauchers wurde die Bestellung schnellstmöglich in Arbeit genommen.

 

• Das in diesem Falle der Kunde das "Pech" hatte, daß seine beiden Grund-Brillengläser zufällig auf Lager waren, und diese ferner das letzte notwendige Paar zum Start der Beschichtungsanlage darstellten, kann man der Industrie nicht zum Vorwurf machen.

 

("Trostpreis": In Ausnahmeregelung wurden diese Gläser aber -ohne Mehrkosten- nochmals in Produktion genommen, dieses stellte aber die absolute Ausnahme dar, und ist mehr als nur selten !)

 

(Diesen Beitrag finden Sie auch als pdf-Datei im Download-Bereich.)

 

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